Michael Bieber (l.) u. Peter Junge-Wentrup (r.) von GEEZ e.V. beim Putzen des Stolpersteins von Jochen Domp

Ein besonderer Stolperstein

Er liegt bei uns in der Nähe und ist recht unansehnlich geworden. Er braucht dringend eine Politur, damit wieder sichtbar ist, wer in dem Haus der Brüderstraße 8 gewohnt hat und welches Schicksal den Bewohner traf. Es ist nur ein Schicksal von ca. 700 Menschen jüdischen Glaubens, die zu Beginn der Nazi-Herrschaft in Münster wohnten. 270 Stolpersteine sind inzwischen verlegt worden, um dieser Menschen zu gedenken, die unfreiwillig ihre Stadt verlassen mussten und einem grausamen Schicksal ausgeliefert waren.

Jochen Domp war ein promovierter Musik- und Kulturwissenschaftler, der aufgrund seines jüdischen Glaubens keine Universitätslaufbahn antreten durfte. Bis 1937 war er als Privatlehrer und im elterlichen Klaviergeschäft in Münster tätig. Dann übernahm er eine Musikalienhandlung in Enschede. 1940 besetzten die Deutschen die Niederlande und Domp fiel wieder unter die Rassengesetze, die ihm die Führung eines Geschäftes untersagten. 1942 versuchte er nach seiner Flucht in die Schweiz von seinem Doktorvater in Fribourg Hilfe zu bekommen. Der war allerdings Mitglied der NSDAP und befand sich im Auftrag der Reichsregierung in Paris. Die Schweizer Polizei übergab Domp wenige Tage später den französischen Behörden. Vom Internierungslager Drancy aus wurde er noch im selben Jahr in das KZ Auschwitz deportiert, wo er 1945, kurz vor der Befreiung des Lagers, umkam.

Warum erinnern wir uns dieser Menschen, warum besuchen Schulklassen die Orte des Grauens, die Konzentrationslager, in Deutschland, Polen, im Baltikum und anderen europäischen Ländern? Um zu sehen, um zu erfahren, wozu Menschen fähig sind, wenn sie sich zum Richter über Mitmenschen machen, denen sie bestimmte Eigenschaften und Pläne unterstellen. Um zu erfahren, wie dünn die Decke der Demokratie ist, wenn der Hass sie zu durchbrechen versucht. „Unter den aktuellen Corona Bedingungen sind Gedenkstättenfahrten nicht möglich“, sagen Michael Bieber und Peter Junge-Wentrup. „Die Erinnerung an die Opfer und die Mahnung können wir jedoch auch durch das Putzen der Stolpersteine leisten.“ Beide hoffen, dass im 2. Halbjahr wieder Gedenkstättenfahrten möglich sind.

Jochen Domp (Foto © Yad Vashem)